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Zweites Treffen der Retina Europe Youth


(Brigitte Hübschi, Vorstandsmitglied der Retina Suisse, Ausstellungsstrasse 36, CH-8005 Zürich, Schweiz)


Vom 26. - 29. Juli 2001 fand in Warschau das zweite Jugendtreffen der Retina Europe statt. Als Delegierte der Retina Suisse durfte ich in Begleitung meiner Schwester Barbara daran teilnehmen. Neben Deutschland, Finnland, Griechenland, Irland, Polen, Schweden und der Schweiz waren in diesem Jahr erstmals Frankreich, Holland, Litauen sowie Norwegen vertreten.

Frau Malgorzata Pacholec, die Präsidentin der polnischen Retina Vereinigung, begrüsste uns herzlich. In einer ersten Vorstellungsrunde lernten wir uns kennen und erfuhren die Erwartungen der Teilnehmenden. Der Rückblick ergab, dass wir erfreulicherweise die meisten am letztjährigen Jugendtreffen in Athen gesetzten Ziele in der Zwischenzeit verwirklichen konnten: Kontaktaufnahme mit interessierten europäischen Ländern, Webpage, Mailingliste, Organisation eines Jugendcamps auf der griechischen Insel Skopelos im Herbst 2001 und Ernennung einer Verantwortlichen fürs Magazin.

Die Jugendarbeit in den einzelnen Ländern ist unterschiedlich weit fortgeschritten. Während in Deutschland bereits mehrere aktive Jugendgruppen bestehen, haben andere Länder erste Schritte unternommen oder möchten Gruppen für junge Leute bis 35 Jahre ins Leben rufen. Die Erfahrung hat gezeigt, dass es in dicht besiedelten Gebieten mit vielen RP-Betroffenen einfacher ist, ein Treffen erfolgreich durchzuführen. Die Bedürfnisse der Jungen nach Information und Erfahrungsaustausch sind stark abhängig vom regionalen Freizeitangebot, der Familiensituation und der individuellen Konfrontation mit der Sehbehinderung. Der Selbsthilfegedanken stellt die Basis unserer Arbeit dar. Es braucht motivierte junge Leute, die bereit sind, in ihrer Freizeit ein ehrenamtliches Engagement für andere Betroffene zu leisten.

Die Anwesenden wirken teils im nationalen Vorstand der Retina Organisationen mit, teils setzen sie sich in unterschiedlichen Gremien für Sehbehinderte ein. Pekka aus Finnland durfte in der beratenden Blindenkommission der Europäischen Währungsunion mitarbeiten und stellte uns den Euro vor. Anhand druckfrischer Musternoten und -münzen erklärte er uns die farb-, kontrast- und grössenspezifischen Merkmale. Wir fanden das Resultat mehrheitlich gelungen. Manuel aus Deutschland hatte ein Nivis-Nachtsichtgerät mitgebracht, das einige Interessierte begeistert testen wollten. Unglücklicherweise war das Gerät der grossen Nachfrage nicht gewachsen und war nach der ersten Testperson zu keiner weiteren Vorführung zu bewegen.

Untergebracht waren wir in einer Schule für sehbehinderte und blinde Kinder in Warschau. Eine polnische Rehabilitations - und Low Vision-Lehrerin zeigte uns auf, wie sie dank der Aktivierung der restlichen Sinne, Mobilitätstraining und dem Einsatz von Hilfsmitteln den Jugendlichen zu einem selbständigen und unabhängigen Leben verhelfen will. Leider ist die berufliche Eingliederung Sehbehinderter in Polen wegen der hohen Arbeitslosigkeit von ungefähr 15 % momentan nicht einfach und erfordert viel Energie der Betroffenen.

Unser Ziel ist es, das Netzwerk für junge RP-Betroffene weiter zu entwickeln. Auf unserer E-Mail-Liste wollen wir künftig vermehrt über spezifische Themen diskutieren. Zudem sind Chatsessionen im Internet zu bestimmten Zeiten geplant. In diesem Jahr wollen wir dank dem Einsatz der Niederlande ein erstes Magazin der Retina Europe Youth herausgeben. Alle Vertreter/innen sind mit dem Erstellen eines Artikels über die aktuelle Situation in ihrem Land beauftragt.

Der Kongress der Retina Europe, einer informellen Untergruppe der Retina International, fand parallel statt. Während des Treffens und der sozialen Aktivitäten hatten wir Gelegenheit, Kontakte zu europäischen jüngeren und älteren Menschen mit RP zu knüpfen und Erfahrungen auszutauschen. Das Gastgeberland Polen überraschte uns mit einem Stadtrundgang, einem Picknick im Grünen und einem organisierten Museumsbesuch. Die Abende verbrachten wir mit angeregten Gesprächen in der Warschauer Altstadt oder auf der Treppe vor der Schule bei einheimischem Bier.

Der Blick in die Zukunft ist mit der Frage nach der formellen Eingliederung in die Retina International verbunden. Die gemeinsamen Zusammenfassungen der Treffen des Koordinators der Retina Europe, Herrn Dr. Rainald von Gizycki, und unseres Jugendgruppenleiters, Markus Georg, bildeten den Abschluss.

Barbara und ich durften während des Treffens viele nette Menschen kennen lernen, die alle ihre eigenen Strategien entwickelt haben, um mit ihrer Retinitis pigmentosa umzugehen, und sind nach einer Ferienwoche in Warschau und Krakau um viele schöne Begegnungen reicher in die Schweiz zurückgekehrt. Das nächste Treffen der Retina Europe Youth ist im August 2002 in Frankfurt geplant.

Ein paar Gedanken zum Jugendtreffen der Retina Europe Barbara, herzlichen Dank, dass Du mich begleitet hast. Was hast Du von unserem Treffen von 22 jungen Menschen aus 11 europäischen Ländern mit einem Durchschnittsalter von ca. 25 Jahren erwartet? Anfänglich ging mir das Lied von Peach Weber durch den Kopf: "sun, fun and nothing to do". Das hatte sich wahrscheinlich auch das polnische Organisationsteam gedacht und ein reich befrachtetes Freizeitprogramm organisiert. Dies wurde zwar geschätzt, trotzdem wurde hart gearbeitet. Sogar auf der einstündigen Fahrt zum Museum wurde die Zeit im brütend heissen und lärmigen Bus für intensive Gespräche genutzt.

Ich durfte als Beobachterin die Diskussionen verfolgen und habe dabei sehr engagierte junge Menschen kennen gelernt, die sich auf freiwilliger Basis für die Anliegen von RP-Betroffenen in ihrem Heimatland einsetzen und interessiert verfolgen, was in anderen Ländern geschieht.

Vor allem überraschte mich, was alles seit dem ersten Treffen vor einem Jahr in Griechenland erreicht wurde (vgl. vorheriger Bericht). Für die Diskussionen auf europäischer Ebene ist es wichtig, dass alle Teilnehmenden Bescheid über die Situation im eigenen Land wissen. Die Länderbeiträge fürs Magazin dienen als Basis für diese Bestrebungen. Jedes Land schickt einen Beitrag über die nationale Situation an die für das Erstellen des Magazins Verantwortliche, so können Vergleiche gezogen und mögliche Verbesserungsansätze gefunden werden.

Ich denke, das Jugendtreffen der Retina Europe ist ein wichtiges Netzwerk für den Gedankenaustausch auf europäischer Ebene. Der Gewinn eines jeden Landes liegt im vermehrten Wissen und dem Einsatz für die Anliegen der (jungen) RP-Betroffenen. Für das Jugendtreffen der Retina Europe im nächsten Jahr in Deutschland wünsche ich viel Erfolg.

Barbara Spätig-Hübschi

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